Wann genau sind unsere Hunde so respektlos geworden?

Oft sind wir fassungslos. Nahezu täglich. Wir sehen und betreuen viele verschiedene Hunde. Klein, groß, jung, alt, Reinrassige und Mischlinge jeder erdenklichen Gruppe, Inland- und Auslandshunde, Second Hand oder auch nicht. Und eins haben viele von ihnen gemeinsam. Sie sind respekt- und distanzlos, sie sind übergriffig und haben überhaupt kein Verständnis dafür, was es bedeutet eine Grenze anzunehmen. Mit brachialem Übermut ballern sie in einen rein, an einem vorbei, springen einen an, beißen in Klamotten, Futterbeutel, Schuhe, schneiden einem den Weg ab und kläffen bis die Stimmbänder nachlassen, fremde Gärten werden bepinkelt, Zäune, Laternen, jeder 3. Grashalm. Scharren darf natürlich nicht fehlen. Dass ein Türspalt keine Einladung ist wie eine Abrissbirne dort durchzurennen und einem dabei fast die Knie zu brechen… verstehen sie gar nicht. 


Respekt hat absolut nichts mit Angst zu tun. Aber Respekt hat etwas mit Achtsamkeit zutun. Aufeinander Rücksicht zu nehmen, mal inne zu halten, den Gegenüber wahrzunehmen, sich zurück zu nehmen wenn es einem gesagt wird. Und das gilt für den quirligen Havaneser genau so wie für den Pitbull genau so wie für den Windhund oder den Straßenhund.


Keine Grenzen zu setzen und alles hinzunehmen ist Selbstbetrug und hilft niemandem. Denn niemand kann das aushalten. Niemand kann es wirklich gut gelaunt tolerieren wenn 30 kg Labrador oder 15 kg französische Bulldogge dich jeden Tag von A nach B zerren, aus dem Auto rausballern, dich anspringen, umreißen usw. Und selbst bei 5 kg halten wir es nicht aus. Weil es einfach nervt und stört und oft eben auch weh tut. 


Wann genau ist das passiert? War vor 30 Jahren das Allheilmittel der Erziehung noch eine Zeitungsrolle und die meisten Hunde durften nicht ins Haus, vielleicht in die Waschküche. Es hat sich so vieles verbessert. Unsere Hunde Leben so viel schönere Leben, werden besser behandelt, besser umsorgt, besser beschäftigt. Wir gehen arbeiten, damit das Futter getreidefrei ist und das Hundebett orthopädisch. Spielzeug darf nicht fehlen, was der Hund oftmals zerstört, natürlich rammelt er das teure Sofakissen, denn die meisten Hunde dürfen, egal, wie schlecht sie sich benehmen, trotzdem mit aufs Sofa. Auch wenn der Mensch sich dann nicht mehr auf dem Sofa bewegen kann-der Hund schläft ja schließlich so schön. Auch dass der Hund niemanden ins Haus lässt, weder Familie, noch Bekannte- Handwerker gehen gar nicht. Der Postbote kann auch nur hoffen, dass der Briefkasten sich außerhalb des Grundstücks befindet, denn Post bringen gefällt dem Hund auch nicht. 

Selbst wir Trainer sind anscheinend nur noch Ware, weit dem Hund unterstellt. Ob wir gebissen werden und dadurch verletzt und arbeitsunfähig sind, interessiert viele Menschen nicht mehr. Ist ja schließlich unser Job. Hauptsache der Hund wird weiterhin gestreichelt weil er atmet und darf sich auch weiterhin alles rausnehmen. Maßregeln? Auf keinen Fall!

Aber wo ist der Mittelweg? Warum haben so viele ihn nie gefunden?


Es ist ein Paradoxon. Will man doch nur nett sein, fällt es einem schwer Grenzen zu setzen, möchte man seinem Hund doch das beste und freieste Leben ermöglichen und am Ende ist es genau das Gegenteil. Es wird geschimpft und geflucht, gerissen und geruckt, die Hunde müssen ständig abgesichert sein, weil sie nicht ansprechbar sind und unkontrolliert sind. Paradox. Man wollte das eine und bekam das andere. 


Grenzen schaffen Freiheit liebe Hundemenschen. Wir können es noch 100000 mal sagen. Und Grenzen setzen kann man lernen. Man muss. Es macht das Leben so viel entspannter und so viel leichter und lebenswerter. Und die Beziehung nimmt davon keinen Schaden, sondern verbessert sich sogar erheblich. Denn woher sollen sie es wissen, wenn es ihnen keiner erklärt? Woher sollen sie wissen, dass sie achtsam sein sollen, wenn wir es ihnen nie gesagt und nie gezeigt haben? Und wie gemein ist es eigentlich, ständig genervt zu sein und an unserem Gegenüber rumzumeckern, obwohl es einfach nur unsere fehlenden Grenzen sind?

"Kleine Hunde brauchen so viel Bewegung wie große"

Ein Artikel aus der Zeitschrift "test", Ausgabe 09/2022, S. 68

Wie lässt sich ein Hund im Alltag sinnvoll beschäftigen? Verhaltenstherapeutin Celina del Amo gibt Tipps fürs Welpen- und Erwachsenenalter.

Wie viel Bewegung brauchen Hunde?

Ein durchschnittlich gesunder Hund sollte sich mindestens zwei Stunden am Tag bewegen. Egal, ob große oder kleine Rasse. Einige Tierhalter denken, es reicht, den kleinen Hund einmal um den Block zu ziehen, aber das ist keine artgerechte Haltung. Am besten sollte das Tier auch regelmäßig frei laufen können. Das Bewegungsbild ist dann gesünder und natürlicher als wenn der Hund stets an der Leine geführt wird.

Mögen Hunde lieber Routine bei der Gassirunde oder Abwechslung?

Das hängt von Ihrer psychischen Verfassung ab. Viele gut sozialisierte Hunde freuen sich, neue Wege zu erkunden oder auf unbekannte Menschen und Hunde zu stoßen. Das ist für sie eine Bereicherung. Aber Hunden, die ein Angstproblem haben, tut man keinen Gefallen damit, sie jeden Tag in Hülle und Fülle mit neuen Reizen zu konfrontieren.

Sollten die Spaziergänge mit Welpen lieber kurz sein?

Nein, nur mal schnell für zehn Minuten rauszugehen, ist nicht sinnvoll. Natürlich sollten Welpen nicht mit zum Joggen oder neben dem Fahrrad herlaufen, aber man kann sich problemlos längere Zeit draußen mit Ihnen aufhalten. Wie bei kleinen Kindern sollten sie ausreichend toben können.

Es ist also gut, Welpen draußen an viele Reize heranzuführen?

Ja, es ist wichtig, dass junge Hunde viel kennenlernen, unterschiedliche Menschen, Kinder, Bus und Bahn oder auch Dinge wie Rollstühle und Rollatoren. So gewöhnen sie sich an viele Reize und haben später keine Angst vor Ihnen.

Welpengruppe

*Anmerkung von uns: Zerrspiele sind nicht für jeden Hund geeignet und sollten nur in Maßen gespielt werden!

Neben Gassirunden ist eine weitere Möglichkeit das Spielen. Wie wichtig ist das für den Hund?

Beim Spielen probieren sich Hunde aus und lernen etwas über ihre Fähigkeiten, etwa wie schnell und geschickt sie sind. Sie spielen aber nur, wenn sie sich wohl und sicher fühlen.

Heißt das, wenn ein Vierbeiner nicht gern spielt, geht es ihm nicht gut?

Solche Hunde fühlen sich oft unsicher. Häufig liegt das an ihren Vorerfahrungen. Waren sie als Welpe krank oder unterversorgt und hatten keine Gelegenheit, das Spielen zu lernen, dann toben sie später nicht so, wie man das von normal aufgezogenen Hunden kennt.

Welche Spiele sind generell sinnvoll?

Spiele, bei denen sich das Tier körperlich betätigt oder den Kopf anstrengen muss. Schön sind auch gemeinsame spielerische Aktivitäten, etwa wenn Hund und Halter beim Spaziergang einen großen Stein erklimmen. Zerrspiele mit einem Objekt eignen sich ebenfalls*. Wichtig ist, Regeln zu setzen. Zum Beispiel: Zähen berühren mich nicht, auch nicht am Ärmel oder Hosenbein. Wenn der Hund sich nicht daran hält, sollte man das Spiel sofort abbrechen.

Welche Spiele eignen sich für Hunde mit ausgeprägtem Jagdtrieb?

Sinnvoll sind Spiele dicht beim Menschen, etwa Zerrspiele* oder die Leckerli- Suche in unmittelbarer Umgebung des Halters. Weniger geeignet sind hingegen Spiele über eine größere Distanz wie Wurfspiele. Da haben Halter wenig Kontrolle. Wenn ein jagdfreudiger Hund zum Ball läuft und dabei ein Kaninchen entdeckt, kann es sein, dass er die Gelegenheit für einen Jagdausflug nutzt.

Hundesport wie Agility, Mantrailing und Dogdance ist beliebt. Zu Recht?

Ja, solche Sportarten trainieren Gehorsam und sind gut fürs Wohlbefinden des Tiers. Der Sport sollte zum Hund passen: Ein Mops mit Atemproblemen sollte eher Tricks lernen als zu rennen. Wichtig ist, in der Erziehung keinen Druck aufzubauen, sondern locker zu bleiben - dann macht ein gemeinsames Hobby Mensch und Hund besonders viel Spaß.

Gruppenfinder

Soziale Verwahrlosung

Das bedeutet nicht nur, dass ein Hund im Keller gehalten, nicht gekämmt oder gewaschen wird oder ihm die gesundheitliche Versorgung fehlt. Wir sprechen hier auch von mangelnder Erziehung, dem Verwehren eines sicheren Lebensumfeldes, das führungslose Überlassen seiner selbst in einer artfremden Welt, die nicht mehr viel mit dem Sinn eines Hundelebens gemeinsam hat.

In unserer heutigen Gesellschaft ist es leider oftmals so, dass Hunde völlig überliebt werden und keine Führung von ihren Haltern erfahren. Hunde verbellen ihre Menschen vom Sofa, zerstören die Einrichtung, bellen und zerkratzen die Haustür, wenn es klingelt, springen den Besuch an, beißen, rasten an der Leine völlig aus beim Anblick von Artgenossen, Katzen oder Kindern.

Es ist das Resultat von fehlender Struktur und dem Mangel an Regeln, die das reibungslose Miteinander in einer Gruppe sichern. In freier Wildbahn funktioniert ein Rudel Hunde wie ein Uhrwerk: feste Hierarchien zwischen den Tieren geben klare Handlungsspielräume vor, sei es bei der gemeinsamen Jagd oder dem Verteidigen des Territoriums. Sollte auch nur einer aus der Hierarchie ausbrechen, fällt das Rudel zusammen wie ein Kartenhaus, das Beutetier entkommt oder ein fremdes Rudel Hunde übernimmt das Territorium.

Wer sich einen Hund in die Familie holen möchte, sollte sich vorab darüber im klaren sein, wieviel Arbeit und vor allem Verantwortung auf ihn zukommen. Es gibt kaum etwas schöneres, als einen treuen Begleiter an seiner Seite zu haben.

Das geht aber nur, wenn man seinem Hund mit klaren Regeln und Strukturen ermöglicht, seinen Platz in der Familie zu finden. Ein Hund braucht im Haus keine Massen an Spielzeug, keine geflochtenen Zöpfchen, zig verschiedene Leinen und Halsbänder und keine drei Körbchen, aber einen festen Platz. Und, was er braucht sind Menschen, die ihn mit Ruhe und Konsequenz durch ’s Leben führen und denen er auch in schwierigen Situationen vertrauen kann.

Dazu gehört die tägliche Bewegung in Form eines Spaziergangs, einer Fahrradtour, gemeinsames Joggen. Die entspannte Begegnung mit anderen Hunden oder Wildtieren. Das angstfreie Passieren von Müllautos, flatternden Planen oder schreienden Kindern. Das Spielen mit dem Sozialpartner im Haushalt oder mit Artgenossen, Schnüffelspiele und Aufgaben, bei denen Konzentration gefragt ist. Aber auch das Ausruhen an einem Rückzugsort, wenn Herrchen und Frauchen mit Menschenarbeit beschäftigt sind.

Ein Hund möchte nicht den ganzen Tag geschmust, geknutscht, gefärbt und vollgequatscht werden, er ist auch kein Kinderersatz. Ein Hund ist ein Raubtier und möchte auch so verstanden werden.

Wir übersetzen gern für euch und zeigen euch, wie ihr euren Hunden die heiß ersehnten Anführer werdet.

Euer Top- Dog- Peine Team 

 Lernt uns kennen

Mehr
Share by: